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Glück ist kein Dauerzustand – Florian David Fitz über Berühmtheit, Scheitern und den Fluch der Selbstoptimierung

Florian David Fitz über die Tragik der One-Hit-Wonder, den gesellschaftlichen Druck, ständig glücklich zu sein, und warum Glück in Wahrheit eher mit Zufriedenheit als mit Dauerrausch zu tun hat.

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David Schoof
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6 min
Nora Tschirner und Florian David Fitz im Film One Hit Wonder

Florian David Fitz und Nora Tschirner

© Warner Bros / Lars Nitsch

TV-MEDIA: Im Film meint eine der Figuren, mit Glück und Singen lässt sich kein Geld machen. Hatten Sie diese Herausforderungen auch, als Sie ein Konzept für den Film entwickelt haben?

Florian David Fitz: Das ist erst mal nur ein Thema und da muss man sich eine Geschichte ausdenken. Dann muss man schauen, wie man da Humor reinbekommt, was die Spannung erzeugt und dass der Film auch etwas Wahres über das Leben erzählt. Ich habe mir überlegt, was wäre so eine Figur, die am schlechtesten dafür geeignet ist, andere Leute glücklich zu machen mit Singen.

TV-MEDIA: One-Hit-Wonders sind nicht nur ein Phänomen unserer jüngeren Zeit.

Florian David Fitz: Ich finde, da ist etwas unglaublich Tragisches drinnen. Du hast diesen einen Hit, der hat dir mit viel Glück deine Wohnung abbezahlt, vielleicht sogar mal kurz reich gemacht, aber dann war's das. Diesen Song singst du jetzt den Rest deines Lebens und wirst zur Persiflage deiner selbst. Mit schlecht gefärbten Haaren, mit einem schlecht sitzenden Anzug, du singst im Baumarkt das, was du früher in der Olympiahalle gesungen hast. Was für eine Charakterstärke du da brauchst. Das fand ich tragisch und natürlich auch nicht unkomisch.

TV-MEDIA: Ihr Daniel trägt auch ein interessantes Outfit und diese gebleichten blonden Haare. Hatten Sie sich das alles überlegt?

Florian David Fitz: Diese Looks verselbstständigen sich irgendwann selber. Diese Haare, die bleiben, selbst wenn die Leute schon 75 sind und man wird immer brauner. Ich habe gedacht, in den 90ern hatte man diese Haare und da sah es vielleicht cool aus. Aber nicht bei einem 40- bis 50-Jährigen sieht es vielleicht nicht mehr so cool aus.

Florian David Fitz

© Warner Bros / Lars Nitsch

TV-MEDIA: Glück ist in der Forschung schwer verkaufbar, aber in unserer Konsumgesellschaft wird damit viel Gewinn gemacht. Ist das nicht ein Oxymoron?

Florian David Fitz: Total. Das ist der Fluch der Glücksforschung, man denkt an Räucherstäbchen in der Ecke, oder Glücksratgeber. Dabei ist es ja eine ernsthafte Wissenschaft. Man nimmt die Erkenntnisse aus der Pathologie und versucht sie auf quasi gesunde Menschen zu übertragen, die halt wie alle mit dem Leben ringen. Quasi im Sinne der Prävention. Aber beim Nachdenken über unseren Glücksbegriff ist mir aufgefallen, dass er seit dem Zweiten Weltkrieg stark mit bestimmten Ideen verknüpft ist: Individualismus, Kapitalismus. Kümmere dich um dein Glück. Jeder ist seines Glückes Schmied. Erfülle deinen Traum. Mache die beste Version von dir selber. Das ist auch sicher nicht falsch. Wir kommen aus Jahrhunderten, wo man nichts machen durfte, was man selber wollte. Aber eben halt nicht nur. In unserer westlichen Gesellschaft gibt es eine viel höhere Prävalenz von Depressionen als in anderen Gesellschaften, wo das Individuum weniger wichtig ist als die Gemeinschaft. Das fand ich einen interessanten Widerspruch.

TV-MEDIA: Zu sagen, dass du Glück fühlst, wenn du mal deinen Partner oder deine Katze fest in den Arm nimmst, ist halt wenig profitables Marketing.

Florian David Fitz: Ich musste jetzt auch schon mehrmals die Frage beantworten, Was ist für Sie Glück? Wir wissen doch alle, dass Glück kommt und geht. Das ist ein Oxymoron, vom Glück zu verlangen, es möge ein Dauerzustand sein. Das geht chemisch überhaupt nicht. Die Neurotransmitter müssen irgendwann mal wieder auf die andere Seite. Wir suchen eigentlich viel eher nach einer Zufriedenheit. Da kann man erstreben. Dafür kann man arbeiten. Aber das sind alles uralte Erkenntnisse. Das ist Buddha schon vor 2000 Jahren unter seinem Feigenbaum aufgefallen.

TV-MEDIA: Sie sind seit Jahren als Schauspieler aktiv und erfolgreich. Wie geht es da einem mit einer Figur, die komplett abstürzt? Gibt es Menschen, von denen man sich unangenehmerweise inspirieren lassen kann?

Florian David Fitz: Ach, man hat nun auch schon ein paar Sachen gesehen, in seinem Leben. Also jetzt niemanden mit Totalabsturz. Dieser Wunsch nach dem Berühmtsein: Wie geht man mit Berühmtsein um? Wie glücklich macht es einen? Natürlich kenne ich das. Das hat viele Gesichter und da konnte ich auch auf meine eigenen Erfahrungen zurückgreifen. Aber ich kenne viele Leute und sehr viele unterschiedliche Umgänge mit den Herausforderungen.

TV-MEDIA: Aber Ihre Berühmtheit ermöglicht Ihnen auch, Gehör für solche Themen zu bekommen.

Florian David Fitz: Eben. Das ist sehr schön. Du kommst an Orte, an die du sonst nie kommen würdest. Ich kann einen Beruf ausüben, den ich jetzt mittlerweile für sinnvoll halte, was ich vor zehn Jahren vielleicht nicht gesagt hätte. Ich mag es, Geschichten zu erzählen über andere Leben und Leute in diese Leben einzuladen. Nicht unwichtig in unserer Zeit.

Trailer: One Hit Wonder

Über den Autor
David Schoof
David Schoof

TV-MEDIA-Chefredakteur David Schoof

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