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Christoph Maria Herbst ist zurück in seiner Paraderolle: „Stromberg passt eigentlich immer, so wie er nicht passt”

Nach zehn Jahren Pause kehrt Büro-Ekel Bernd Stromberg zurück auf die Leinwand: In „Stromberg – Wieder alles wie immer” gibt es eine Reunion mit seinen früheren Versicherungs-Kollegen – die aber schwer aus dem Ruder läuft. Christoph Maria Herbst im Interview.

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David Schoof
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Christoph Maria Herbst

TV-MEDIA-Interview

© Constantin / MadeFor Film / Stephan Rabold

TV-MEDIA: Warum ist die Zeit gerade jetzt reif für ein Stromberg-Comeback?

 

Herbst: Die Antwort ist relativ lapidar: Ralf Husmann (Drehbuchautor, Anm.) hatte eine Idee und ich Bock. Es hat jetzt keine gesellschaftspolitischen oder parteipolitischen Gründe gegeben nach dem Motto, wir müssen jetzt all den Bränden, die es so gibt auf der Welt, was entgegensetzen. Und ich meine, da wäre Stromberg eh nicht der Richtige, weil ein Feuerlöscher ist er, glaube ich, von Haus aus nicht. Es ist ein lustiger Zufall, dass es jetzt passiert, hätte aber auch schon vor vier Jahren sein können – oder erst in vier Jahren. Und doch fühlt es sich jetzt irgendwie passend an. Aber Stromberg passt eigentlich immer, genauso wie er nicht passt. Es holt sich ja jeder sein Eigenes aus dieser Figur raus, die einen lieben ihnen, die anderen hassen ihn, bei anderen ist es eine Hassliebe, wieder andere reduzieren auf die Sprüche, andere sagen, ich kann ihn nicht ertragen, der ist zu nah am Berufsleben. Und es gibt inzwischen es eine ganz neue Generation, die Gen Z, die sagt, wie geil ist das denn, jetzt weiß ich, wie ich nicht werden will. Wir haben uns mit Stromberg mittlerweile breiter aufgestellt, als wir es jemals vorhatten. Also irgendwas ist da falsch gelaufen (lacht).

 

TV-MEDIA: Im letzten TV-MEDIA-Interview meinten Sie,  und ich darf Sie ziteiern: „Meine Angst war groß, wie gut man es schafft, diese fossillierte Figur aus dem letzten Jahrtausend in die heutigen etwas wokere gewordenen Gesellschaft zu erzählen, ohne sie zu beschädigen.“  Würden Sie sagen: Mission gelungen?

 

Herbst: Dass mit der woker gewordenen Gesellschaft ist misslungen, aber das mit Stromberg ist gelungen, würde ich auf jeden Fall sagen. Und es ist auch ziemlicher Käse, was ich damals gesagt habe, weil Stromberg war ja schon beim ersten Kinofilm stehen geblieben und ein Fossil. Der ist sich ja einfach treu geblieben, muss man einfach mal sagen. Und die komödiantische oder auch tragikomische Spannkraft ist nun eigentlich noch größer geworden. Dass du auf einmal so ein Fossil aus einem letzten Jahrtausend in der heutigen Zeit erzählst, in einer Gesellschaft, in der sich ja nun doch ein bisschen was getan hat, und da sein Ding durchzieht – das ist schon echt krass. Aber deshalb gibt es dann ja eben auch den Twist im Film, weil er merkt ja eben schon auch, dass die Welt eben nicht so funktioniert, wie sie ihm gefällt.

 

TV-MEDIA: Beim ersten Film gab es den Location-Wechsel, raus aus dem Versicherungsbüro, erst in den Bus und dann in dieses Tagungshotel. Diesmal wird die Meta-Ebene bespielt mit dieser fiktiven TV-Show, und es geht auch in die „freie Wildbahn“. Fanden Sie es wichtig, dass man hier wieder hier neue Wege zu gehen versucht?

 

Herbst: Das ist eher eine Frage, die sich sicherlich unser Autor Ralf Husmann gestellt hat. Der hat sich da, glaube ich, selbst erst mal keine Grenzen und keine Blockaden und keine Scheren im Kopf auferlegt. Ich könnte mir vorstellen, dass der eine Idee hatte für sich und ist der dann einfach gefolgt. Man liest ja immer mal wieder oder hört es von Autor*innen, dass sich das dann quasi von selbst schreibt. Wenn die Figuren klar sind, dann übernehmen die irgendwann. Und deshalb war das dann, glaube ich, klar für Husmann, der irgendwie diese Reunion erzählen wollte, dass man natürlich nicht in diesem Studio bleiben kann, sondern dass man das Feld auch noch mal weiten muss.  So kam es zu dem, was wir im Film sehen und was daraus geworden ist.

 

TV-MEDIA: Wie schnell geht es bei Ihnen, bis Sie Stromberg wieder intus haben, mit all seinen Manierismen? Es ist doch zehn Jahre her seit dem letzten Film …

 

Herbst: Das stimmt. Also, mir hilft sehr das Maskenbild, dieser Klobrillenbart und dieser merkwürdige Haarkranz, bei dem man immer das Gefühl hat, da ist das Toupet gerade erst weggeflogen. Und das Kostüm auch. Wir haben die Kostüme alle archiviert, die hingen alle im Fundus. Das half mir natürlich unglaublich, diese Augenpeitschen an Krawatten und Anzügen, die ich zu tragen habe. Das sollte man alles nicht unterschätzen. Und dann hast du da diesen tollen Text in dem Drehbuch, und dann sind da alle die Kolleginnen und Kollegen, mit denen man spielt. Und gerade aus diesem Miteinander entsteht dann ja auch eine Menge. Es gibt immer diesen schönen Satz in der Schauspielerei: Den König spielen die anderen. Weil du selbst hast nicht viel Möglichkeiten. Du hast einen Hermelin um den Hals und eine Krone auf. Aber den König haben dann die anderen zu spielen. Und so ist das bei Stromberg irgendwie auch. Da wird Stromberg auch viel mitgespielt durch die anderen, genauso, wie wir auch in Ernie mitspielen und wie sie alle heißen. Insofern ist das eine nicht zu unterschätzende gegenseitige Befruchtung da am Set. Die Figur Stromberg ist keine Insel.

 

TV-MEDIA: Am Beginn des Films herrscht diese lockere Klassentreffen-Stimmung, bevor das dann schnell wieder aus dem Ruder läuft. Wie war das am Set? Auch so ein bisschen wie Klassentreffen nach all den Jahre?

 

Herbst: Wenn du drehst, tust du das ja nicht chronologisch. Insofern, dieser ganze TV-Studio-Teil, den haben wir erst relativ spät gedreht und eben nicht zu Beginn. Was ich aber sagen kann, ist, dass der allererste Drehtag, an dem wir alle zusammenkamen und auf einmal auch alle zusammen im Bild waren – das war schon Gänsehaut pur. Und da hatten wir schon den Eindruck: Häh, da können doch unmöglich über zehn Jahre vergangen sein? Das war echt Zeitmaschine.

 

TV-MEDIA: Social Media ist ein großes Thema im Film, und die Fallstricke, die sich da für Stromberg geben, sind offensichtlich. Können Sie ein bisschen nachvollziehen, dass er sich schönen neuen Medienwelt nicht so toll zurechtfindet. Als jemand, der ja auf Social Media bewusst nicht aktiv ist?

 

Herbst: Das ist vielleicht das Einzige, das ich mit Bernd Stromberg, der Figur, gemeinsam habe. Weil ich habe für mich auch nie den Weg gefunden in die sozialen –  oder sollte ich sagen asozialen? –  Medien. Das ist eine Büchse der Pandora, die ich nie geöffnet habe. Und wie der Film oder der Autor auf die sozialen Medien guckt, wird ja ziemlich deutlich.

 

TV-MEDIA: „Stromberg – Wieder alles wie immer” ist natürlich ein Film für Fans, wenn man die Serie gut kennt und den ersten Film, sind die ganzen Anspielungen wunderbar. Aber warum sollte sich jemand den Film anschauen, der vielleicht ein Stromberg-Neuling ist?

 

Herbst: Den absoluten Stromberg-Neuling würde ich erst mal empfehlen, einen Rundumschlag zu machen mit fünf Staffeln, die wir schon gedreht haben, und dem ersten Film. Genau aus den Gründen, die Sie gerade beschrieben haben: Der Mehrwert ist ein viel größerer, wenn du die Anspielungen begreifst.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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David Schoof
David Schoof

TV-MEDIA-Chefredakteur David Schoof

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