Drive-Away Dolls

Drive-Away Dolls

Beschreibung

Philadelphia, anno 1999: Jamie (Margaret Qualley) ist die wildeste Maus der lokalen Lesbenszene, die beim Feiern keine Grenzen kennt. Als sie es wieder einmal übertreibt, hat ihre Lebensabschnittsgefährtin, die Polizistin Sukie (Beanie Feldstein) genug und wirft sie raus.

Was tut man als Ostküstenbewohnerin in der Krise? Man geht dorthin, wo sich fast jeder gute Amerikaner besseres Wetter und Heilung der Seele erwartet, nämlich nach Florida, genauer gesagt, nach Tallahassee, Hauptstadt des Sunshine States. Und weil so ein existenzieller Roadtrip besser zu zweit geht als allein, überredet sie ihre platonische Freundin Marian (Geraldine Viswanathan) mitzufahren.

Marian ist das grüblerische Gegenteil der impulsiven Jamie. Ein bisschen neue Lockerheit durch radikale Luftveränderung würde ihrer überlasteten linken, also rational denkenden Hirnhälfte nicht schaden. Weil Geld knapp ist, besorgen sie sich eine Fahrgelegenheit bei Curlie’s schmieriger Mitfahragentur, wo sie überraschend sofort ein Auto für eine Fahrt nach Tallahassee bekommen; einen grindigen Dodge Aries, Inbegriff des automobilen Untergangs der Vereinigten Staaten.

Was die beiden jungen Frauen, die einen Trip voller sexueller Abenteuer zu Linda Ronstadt-Musikbegleitung starten, nicht ahnen: Das Auto war nicht für sie bestimmt, sondern für die zwielichtigen, nicht sehr gescheiten Gangster Arliss (Joey Slotnick) und Flint (C. J. Wilson), die ebenfalls nach Tallahassee wollten.

Unter dem Kofferraum, dort, wo normalerweise das Reserverad liegt, ist etwas versteckt, das erstens niemals auffliegen darf und das zweitens ein republikanischer Senator (Matt Damon) mit wahlwirksam gepredigten Familienwerten unbedingt haben will.

Ohne es zu ahnen, sind Jamie und Marian in das mörderischste Schlamassel ihres Lebens geraten. Nur gut, dass auch Sukie mitbekommt, dass die beiden in der Klemme stecken …

Rezension: Unsere Kritik zum Film

Manche Filme haben eine lange Vorgeschichte. Im Fall von Ethan Coens „Drive-Away Dolls“ (2024) muss man damit beginnen, dass die Brüder Joel und Ethan Coen ein Gottesgeschenk für die Filmwelt der letzten 35 Jahre waren. Als Drehbuchautoren, Regisseure und Produzenten schufen sie gemeinsam ewige Glanzpunkte wie „Barton Fink“ (1991), „Fargo“ (1996), „The Big Lebowski“ (1998) oder „No Country for Old Men“ (2007) – inklusive zwölf Oscarnominierungen (vier davon haben sie tatsächlich bekommen).

Anfang der 2020er-Jahre haben die mittlerweile im Rentenalter lebenden Brüder beschlossen, künstlerisch jeweils eigene Wege zu gehen: Joel Coen realisierte eine schwarz-weiße, extrem werkgetreue Adaption von William Shakespeares „Macbeth“ (2021) mit Denzel Washington in der Titelrolle. Kritik und Englischlehrer waren zwar begeistert, Publikum fand sich allerdings praktisch keines.

Und Ethan Coen träumte von einem trashigen, grellen Roadmovie im Stil der heute fast vergessenen 70er-Exploitationfilme (so wie Quentin Tarantino vor über 15 Jahren), allerdings schwer angereichert mit queer-lesbischen Elementen als seine erste Solo-Regiearbeit – das Ergebnis nennt sich „Drive-Away Dolls“.

Vielleicht ist es das zu oft gesehene Grundmotiv „unbedarfte Typen bekommen durch Zufall etwas in die Hand, das nicht ihnen gehört und werden daher von den (meist bösen) Eigentümern gejagt“ oder die Tatsache, dass die Krimikomödie „Drive-Away Dolls“ für ein Roadmovie überraschend statisch ausfiel – trotz des grenzgenialen Machers will der Funke der Begeisterung nicht so recht überspringen.

Haupt- und Nebenfiguren sind (wie immer bei einem Coen-Film) mit Liebe, Ecken und Kanten ausgedacht, aber irgendwie ist hier der Zauber auf dem Papier geblieben und hat trotz pseudolässiger Gewalt und viel (rein lesbischem) Sex nicht oder nur stark verdünnt den Weg ins Werk gefunden.

Der Film ist nicht schlecht, die beiden noch recht unbekannten Hauptdarstellerinnen (Margaret Qualley kennt man z. B. aus Quentin Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“; Beanie Feldstein u. a. aus Greta Gerwigs „Lady Bird“) bemühen sich, aber Mittelmaß wird einem Coen nicht gerecht, so ehrlich muss man sein. Wäre vielleicht besser, die Brüder Coen machen ihre nächsten Filme wieder gemeinsam.